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Ankündigung Sommerfest in den Künstler:innenhäusern
Die Künstlerin Amber Hummel erhält das Worpswede-Stipendium der BURG
Arkadien reloaded?
Können in diesen unsicheren Zeiten ausgerechnet Sehnsuchtsorte der Kunstgeschichte neue Impulse für zeitgenössische künstlerische Interventionen setzen? Anfang des 19. Jahrhunderts als malerischer Ort und Inspirationsquelle entdeckt, erlangte das italienische Olevano Romano durch deutsche Landschaftsmaler europaweite Bekanntheit als eine der ersten Künstlerkolonien. Besonders Maler der Romantik zog es in das pittoreske Bergdorf 50 Kilometer südlich von Rom, vor allem wegen des Steineichenwaldes „Serpentara“, der eine magische Anziehungskraft ausübte.
Fasziniert von der bewaldeten Ruine auf dem Gipfel des Ortes, trugen begeisterte Heimkehrer mit ihren Werken dazu bei, dass sich Olevano zu einem frühen Zentrum der Freilichtmalerei entwickelte – eine Pilgerstätte der damaligen deutschen Italiensehnsucht. Diese Sehnsucht spiegelte sich in einer stilisierten Rückbesinnung auf das griechische Arkadien wider: als „glückseliges Landleben“ und Hirtenidyll, Symbol für Unschuld, Frieden und Freiheit von gesellschaftlichen Zwängen.
Bedeutsamer jedoch ist, dass Olevano – wie ein Jahrhundert später auch Worpswede – zu einem Ort intensiven künstlerischen Austauschs zwischen Idylle und aktueller Kunstproduktion wurde, deren Wirkung weit über die jeweiligen Orte hinausreichte. In beiden Kolonien entstanden soziale Zentren für Maler, Dichter und Intellektuelle ihrer Zeit. 1873 verhinderten deutsche Künstler durch eine Spendenaktion die Abholzung der Serpentara und sicherten das Gelände nachhaltig als Stiftung für die Kunst. Olevano zählt auch deshalb zu den bedeutendsten Künstlerkolonien Europas.
Das Villa-Serpentara-Stipendium bietet bis heute von der Akademie der Künste in Berlin entsandten Künstler:innen eine dreimonatige Unterkunft – in unmittelbarer Nachbarschaft der Casa Baldi, die wiederum eine Außenstelle der berühmten Villa Massimo in Rom ist.
Worpswede und Olevano – die beiden unterschiedlich ausgerichteten Orte zeitgenössischer Kunstförderung wollen nun künftig enger auf der Basis einer Gemeinde- bzw. Städtepartnerschaft zusammenarbeiten. Diese soll am 28. Juni 2025 im Rathaus Worpswede feierlich und in Anwesenheit einer italienischen Delegation besiegelt werden. „Die beiden historischen Künstlerkolonien Olevano und Worpswede verfügen über renommierte Stipendienstätten und betreiben eine aktive Förderung zeitgenössischer Kunst“, erläutert die künstlerische Leiterin der Künstler:innenhäuser, Philine Griem, die Gründe für die Partnerschaft. Beide Gemeinden liegen im ländlichen Raum, zugleich im Einzugsgebiet urbaner Zentren wie Rom, Bremen und Hamburg. Beide Orte pflegen ein wertvolles kulturelles Erbe, eingebettet in eine bedeutsame Landschaft.
Eine Partnerschaft ist somit eine einzigartige Gelegenheit, eine enge Verbindung zwischen kulturhistorischem Erbe, zeitgenössischer Produktion und internationaler Kunstförderung zu schaffen. Wie einst in der Serpentara ist auch in Worpswede eine bauliche Rettungsaktion der Künstler:innenhäuser dringend erforderlich, um diesen einzigartigen Ort zu erhalten und international weiterzuentwickeln.
Was folgt auf den Rathaustermin? Zunächst das Sommerfest in den Künstler:innenhäusern. Nach dem ersten Besuch einer italienischen Delegation aus Olevano und Rom in Worpswede streben die Künstler:innenhäuser gemeinsam mit der Gemeinde einen intensiven Austausch zwischen Museen und Ausstellungsorten an. Dabei sollen sowohl kunsthistorische als auch zeitgenössische Perspektiven in gezielten Formaten neu verhandelt werden. Im Fokus steht künftig auch eine verstärkte Förderung des internationalen Austauschs zwischen Kunstschaffenden.
Mögliche Themen: die wachsende Bedeutung künstlerischen Arbeitens in ländlichen Räumen, Aspekte nachhaltiger Kunstproduktion sowie die Frage, inwiefern sich künstlerisches Schaffen mit dem Erhalt der Lebensgrundlagen auf unserem erschöpften Planeten beschäftigen kann. Vielleicht wird Arkadien so erneut zu einem Ort der Reflexion über die Vergänglichkeit der Kultur – und findet in neuer Form zu sich selbst zurück.
Der französische Philosoph Bruno Latour formulierte in seinem letzten Interviewbuch „How to inhabit the Earth“ eine Botschaft an seinen Enkel Lilo. Darin entwarf er die Vision eines guten Lebens auf der Erde im Jahr 2050. Vielleicht wird Arkadien so nach einer Moderne in Parenthese dann endlich Wirklichkeit entfalten und wir, so Latour, werden nicht länger nur von der Erde, sondern wirklich nachhaltig auf ihr Leben lernen: „We will have landed for good.“
(Abb.: Landschaft bei Olevano, Max Wilhelm Roman (1872) | Staatliche Kunsthalle Karlsruhe)
Open Call: 3. Worpswede-Stipendium für Absolvent:Innen der BURG Halle
Wir schaffen Räume für reale Utopien
Ausschreibung für vier Kurzstipendien in Worpswede 2025
Einladung zum Talk:„VIOLINS VIOLENCE - SILENCE? Wie umgehen mit antidemokratischen Tendenzen in Bildender Kunst und Popkultur?“
Sommerfest am 24.08.2024
Digitales Vermittlungsarchiv zur Ausstellung "Licht und Schatten" jetzt online
Bildhauerin Emika Sekine erhält Worpswede-Stipendium der BURG
Können in diesen unsicheren Zeiten ausgerechnet Sehnsuchtsorte der Kunstgeschichte neue Impulse für zeitgenössische künstlerische Interventionen setzen? Anfang des 19. Jahrhunderts als malerischer Ort und Inspirationsquelle entdeckt, erlangte das italienische Olevano Romano durch deutsche Landschaftsmaler europaweite Bekanntheit als eine der ersten Künstlerkolonien. Besonders Maler der Romantik zog es in das pittoreske Bergdorf 50 Kilometer südlich von Rom, vor allem wegen des Steineichenwaldes „Serpentara“, der eine magische Anziehungskraft ausübte.
Fasziniert von der bewaldeten Ruine auf dem Gipfel des Ortes, trugen begeisterte Heimkehrer mit ihren Werken dazu bei, dass sich Olevano zu einem frühen Zentrum der Freilichtmalerei entwickelte – eine Pilgerstätte der damaligen deutschen Italiensehnsucht. Diese Sehnsucht spiegelte sich in einer stilisierten Rückbesinnung auf das griechische Arkadien wider: als „glückseliges Landleben“ und Hirtenidyll, Symbol für Unschuld, Frieden und Freiheit von gesellschaftlichen Zwängen.
Bedeutsamer jedoch ist, dass Olevano – wie ein Jahrhundert später auch Worpswede – zu einem Ort intensiven künstlerischen Austauschs zwischen Idylle und aktueller Kunstproduktion wurde, deren Wirkung weit über die jeweiligen Orte hinausreichte. In beiden Kolonien entstanden soziale Zentren für Maler, Dichter und Intellektuelle ihrer Zeit. 1873 verhinderten deutsche Künstler durch eine Spendenaktion die Abholzung der Serpentara und sicherten das Gelände nachhaltig als Stiftung für die Kunst. Olevano zählt auch deshalb zu den bedeutendsten Künstlerkolonien Europas.
Das Villa-Serpentara-Stipendium bietet bis heute von der Akademie der Künste in Berlin entsandten Künstler:innen eine dreimonatige Unterkunft – in unmittelbarer Nachbarschaft der Casa Baldi, die wiederum eine Außenstelle der berühmten Villa Massimo in Rom ist.
Worpswede und Olevano – die beiden unterschiedlich ausgerichteten Orte zeitgenössischer Kunstförderung wollen nun künftig enger auf der Basis einer Gemeinde- bzw. Städtepartnerschaft zusammenarbeiten. Diese soll am 28. Juni 2025 im Rathaus Worpswede feierlich und in Anwesenheit einer italienischen Delegation besiegelt werden. „Die beiden historischen Künstlerkolonien Olevano und Worpswede verfügen über renommierte Stipendienstätten und betreiben eine aktive Förderung zeitgenössischer Kunst“, erläutert die künstlerische Leiterin der Künstler:innenhäuser, Philine Griem, die Gründe für die Partnerschaft. Beide Gemeinden liegen im ländlichen Raum, zugleich im Einzugsgebiet urbaner Zentren wie Rom, Bremen und Hamburg. Beide Orte pflegen ein wertvolles kulturelles Erbe, eingebettet in eine bedeutsame Landschaft.
Eine Partnerschaft ist somit eine einzigartige Gelegenheit, eine enge Verbindung zwischen kulturhistorischem Erbe, zeitgenössischer Produktion und internationaler Kunstförderung zu schaffen. Wie einst in der Serpentara ist auch in Worpswede eine bauliche Rettungsaktion der Künstler:innenhäuser dringend erforderlich, um diesen einzigartigen Ort zu erhalten und international weiterzuentwickeln.
Was folgt auf den Rathaustermin? Zunächst das Sommerfest in den Künstler:innenhäusern. Nach dem ersten Besuch einer italienischen Delegation aus Olevano und Rom in Worpswede streben die Künstler:innenhäuser gemeinsam mit der Gemeinde einen intensiven Austausch zwischen Museen und Ausstellungsorten an. Dabei sollen sowohl kunsthistorische als auch zeitgenössische Perspektiven in gezielten Formaten neu verhandelt werden. Im Fokus steht künftig auch eine verstärkte Förderung des internationalen Austauschs zwischen Kunstschaffenden.
Mögliche Themen: die wachsende Bedeutung künstlerischen Arbeitens in ländlichen Räumen, Aspekte nachhaltiger Kunstproduktion sowie die Frage, inwiefern sich künstlerisches Schaffen mit dem Erhalt der Lebensgrundlagen auf unserem erschöpften Planeten beschäftigen kann. Vielleicht wird Arkadien so erneut zu einem Ort der Reflexion über die Vergänglichkeit der Kultur – und findet in neuer Form zu sich selbst zurück.
Der französische Philosoph Bruno Latour formulierte in seinem letzten Interviewbuch „How to inhabit the Earth“ eine Botschaft an seinen Enkel Lilo. Darin entwarf er die Vision eines guten Lebens auf der Erde im Jahr 2050. Vielleicht wird Arkadien so nach einer Moderne in Parenthese dann endlich Wirklichkeit entfalten und wir, so Latour, werden nicht länger nur von der Erde, sondern wirklich nachhaltig auf ihr Leben lernen: „We will have landed for good.“
(Abb.: Landschaft bei Olevano, Max Wilhelm Roman (1872) | Staatliche Kunsthalle Karlsruhe)
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